Shonah Trescott

 

SHONAH TRESCOTT

Die australische Künstlerin Shonah Trescott ist Stipendiatin im Leipzig International Art Programme. In dieser Ausstellung zeigt sie zwei Zyklen ihres Atelieraufenthaltes.

 

‚Susanna im Bade’ besteht aus einer Serie kleinformatiger Ölbilder, die auf der biblischen Geschichte des Alten Testaments basiert. Zwei ältere Herren beabsichtigen Susanna beim Baden zu überraschen und sie zu schänden. Seit Jahrhunderten bearbeiten Künstler dieses Thema beispielsweise Rembrandt, Rubens und Tintoretto, um nur einige zu nennen.

 

Aber auch Künstlerinnen wie Angelika Kauffmann, die 1762 eine Radierung zu ‚Susanna im Bade’ anfertigte und Artemesia Gentileski, die 1610 das Motiv malte. Trescott knüpft an diese Tradition an, doch sie malt das Thema auf eine ungewöhnliche Art und Weise. Die älteren Herren sind nur angedeutet, falls sie überhaupt in Erscheinung treten. Auch Landschaften gibt es auf ihren Hintergründen nicht.

 

Durch ein Netzwerk intensiver, grober Farbflecken erreicht Trescott Dynamik und Einfachheit zugleich, ohne dabei ins Detail gehen zu müssen. Dabei fokussiert sie auf den Körper der Badenden und konzentriert sich auf jede Figur in der Individualität ihrer Pose. Keine Blicke treffen den Betrachter. Feste Formen sowie scharf kontrastierende Farbtöne treten ihm gegenüber und nehmen die dunkle Seite der Geschichte vorweg.

 

Eine ähnliche Haltung ist in Trescotts Landschaftszyklus zu erkennen, der ebenso in der Ausstellung gezeigt wird. Wie der Kunsthistoriker Martin Warnke in ‚Politische Landschaften’ schreibt, gab es eine Zeit, in der man es schätzte, an eine Landschaft zu denken. Sie sollte einen Verlust ersetzen und wurde so zum Rückzugsort einer zivilisierten Welt, in der sie das genießen konnte, was in ihrer wirtschaftlichen, sozialen oder privaten Beschaffenheit verloren gegangen oder unterdrückt worden war.

 

Heutzutage gibt es kaum noch ‚unangetastete’ Landschaften. Die Natur wird durch den zivilisierten Menschen verschmutzt und so hat auch die Landschaftsmalerei ihre romantische Note verloren aber nicht ihre Aktualität.

 

Trescott ist bekannt für ihre Postkarten, die sie als Leinwände benutzt. Eine Karte ist ein Schnappschuss. Sie erspart die Zeit einer ausführlichen Ortsbeschreibung. Das Bild ist die Aussage. Eine Postkarte ist direkt. Sie ist Medium der Kommunikation und Wunschbild zugleich, wie man sich die Welt am schönsten ausmalt.

 

Trescott kehrt zu diesen Eigenschaften zurück, in dem sie die Postkarten übermalt und dabei partiell Stellen des Originals stehen lässt. Sie geht über das Wunschbild der Abbildung hinaus und erschafft dabei ein neues Objekt der Begierde satter Malerei, reich an Körper und pastos im Auftrag.

 

Wenn das Leben eine permanente Reise ist – wie das auf Trescott zutrifft, die viele temporäre Rückzugsorte hat – ist eine Postkarte ein sinnvolles Medium. Öl auf Postkarte, leicht und einfach zu versenden, ist sie immer bereit für eine Reise. Und ihre Bilder werden zu Vorstellungen der Orte, die sie einmal kurz sah und wieder verließ.

 

Anna-Louise Kratzsch

 

Shonah Trescott wird von der Damien Minton Gallery in Australien vertreten.

www.damienmintongallery.com.au