Katya Granova


Zeitraum: Mai ’25 – Juli ’25

“Meine künstlerische Praxis ist um die existenzielle Erfahrung der nationalen Vergangenheit herum strukturiert, und ich nutze das Medium der Malerei, um Zugang dazu zu finden. Ich arbeite mit gefundenen alten Fotografien, die ich vergrössere und auf Leinwand übertrage, um sie anschliessend zu übermalen – wobei ich spekulativ meine eigene Präsenz in die dargestellten Szenen einfüge.

Ich habe mich schon immer für alte, alltägliche Fotos des typischen Familienlebens fasziniert. Sie eröffnen ein Fenster in eine Alltagswelt vergangener Zeiten, die ich selbst nicht miterleben konnte, und zeigen Menschen, die heute nicht mehr existieren – deren persönliche Geschichten nicht in den Geschichtsbüchern festgehalten wurden, insbesondere wenn es sich um Frauen, Angehörige der Arbeiterklasse oder ethnische bzw. rassifizierte Minderheiten handelte. Ich empfinde einen starken inneren Protest dagegen, dass solche Erinnerungen durch grosse Narrative und grosse, meist männliche Namen vollständig ausgelöscht werden.

Irgendwann entdeckte ich, dass das Übermalen der vergrösserten Fotografien meiner Pinselführung eine ungeahnte Energie verleiht. Ich spüre das Bedürfnis, in diesen Moment der kostbaren, verlorenen Geschichte hineinzusteigen, mich selbst darin zu verorten und mit den Figuren zu interagieren – das treibt meine Malerei an. Das grosse Format meiner Arbeiten lässt sie für mich wie ein Portal erscheinen, nicht nur ein Fenster in das vergangene Leben. Meine spontanen Farbentscheidungen und die weiten Gesten erlauben es mir, meine materielle Präsenz darin sichtbar zu machen.

Ich versuche, die lineare räumliche Perspektive der Fotografie zu stören, indem ich Vorder- und Hintergrund zu einer einzigen, malerischen Masse aus schleimiger Farbe verschmelze – wie Erinnerungen im Alter, die zu einer verschwommenen Masse mit wenigen Glanzpunkten werden.”


Insta: @katyagranova